Was gewichtet die heutige Jugend im Allgemeinen höher, den Konsum oder den Zustand des Klimas? Und welche Rolle spielen dabei die sozialen Medien? Der Unternehmergeist gibt Antworten.

Der Unternehmergeist, die (Klima-) Jugend und Facebook & Co.

Vor Jahren erstellte mir meine junge Assistentin das erste Facebook-Profil und führte mich in die Wunderwelt der sozialen Medien ein. Es fühlte sich damals an wie ein Abenteuer, weil dies für mich neu und unvertraut war; ein soziales  Netzwerk, auf dem man Fotos postet (vor allem von sich selbst) und die Fotos anderer liken, teilen und kommentieren kann. Ich war berauscht von der neuen Welt, die sich da vor mir eröffnete. Selbst über Personen, mit denen man noch nie ein Wort gewechselt hatte, konnte man sagen, wo sie ihre letzten Ferien verbracht, welche Autos sie gemietet und welche Schuhe sie dort getragen hatten.

Irgendwann dämmerte mir dann, dass irgendwas nicht stimmen konnte mit dieser schönen neuen Welt. Alle Menschen dort schienen so hübsch, so stylish, so schlank. Alle machten Ferien an Stränden mit weissem Sand und türkisblauem Meer. Obwohl ich wusste, dass das eine verzerrte Wirklichkeit war, gab es kein Entrinnen vor dem sozialen Vergleich. Ich verspürte einen unbändigen Impuls, selbst auch Bilder zu posten, wenn ich auf Reisen war, welche mich fortan an Orte führten, die sich gut fotografieren liessen – um damit möglichst viele Likes zu erhalten.

Irgendeinmal genügte es nicht mehr, auf Facebook «dabei» zu sein, gleichzeitig mussten auch die Accounts auf Instagram, TikTok, Twitter, XING, LinkedIn oder Pinterest bewirtschaftet werden, wollte man mitreden können.

Dass das Internet zu einem Ort werden würde, der von Konsum und Materialismus durchdrungen ist, war um die Jahrtausendwende alles andere als klar. Im Gegenteil:
Viele Stimmen prophezeiten eine neue, postmaterielle Ära, die durch die Geburt des Internets eingeläutet werden würde. Der Liedtexter und Bürgerrechtler John Perry Barlow artikulierte diese Vision 1996 am Weltwirtschaftsforum in Davos in seiner «Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace»: Das Cyberspace sei ein hierarchieloser, diskriminierungsfreier Raum, bar jeglicher Materialität, weil er nur aus Transaktionen, Beziehungen und Gedanken bestehe.

Heute wissen wir, dass es anders gekommen ist. Dass in den sozialen Medien Reputationen zerstört und Parallelwelten kreiert werden, dass der soziale Wert von Menschen anhand der Zahl von Followern und Likes vermessen wird. Vor allem sind die sozialen Medien zu einem Marktplatz geworden, auf dem es darum geht, sich Anerkennung zu erkaufen, indem man die Lebensweisen imitiert, die meistgeliked sind – und viel Geld für die Accessoires ausgibt, die zu dieser Imitation benötigt werden. Man ist immer auf der Suche nach dem letzten Schrei, der fast alles Unvernünftige rechtfertigt, insbesondere den nächsten Kurzstreckenflug.

Immer stärker befremden mich diese Plattformen. Ich empfinde die Konsumkultur, die auf den sozialen Medien ausgelebt wird, zusehends als anachronistisch. Denn sie ignoriert, was uns eigentlich beschäftigen müsste: unsere Zukunft, das Klima.

Tim Kasser, emeritierter Psychologieprofessor am amerikanischen Knox College, mahnt in seinem Buch «The High Price of Materialism», man müsse die Rolle des Materialismus für die Umweltzerstörung sehr ernst nehmen. Durch die Forschung wurde bestätigt: Facebook & Co. sind letztendlich Klimakiller.

Durch die neuen Kommunikationsformen, das ständige SichPräsentieren, SichVermessen und SichVergleichen der jungen Generation, habe ich den Eindruck gewonnen, dass viele der jungen Leute viel materialistischer und weniger umweltbewusst sein müssen als bis anhin angenommen wurde.

Diese Vermutung wurde von der Tamedia-Nachbefragung zur CO2Abstimmung vom Juni 2021 bestätigt: 58 Prozent der 18bis 34Jährigen haben die Vorlage abgelehnt.

Konkret heisst das, dass die Mehrheit unserer Jugend (beeinflusst durch Facebook & Co.) den Konsum höher gewichtet als das Klima.

Das – liebe Leserin, lieber Leser – sollte uns zu denken geben.

Nein, ich biete euch hier kein Rezept an, sondern lasse euch im noch jungen Jahr einmal in Ruhe darüber nachdenken.

 

Der Unternehmergeist, die (Klima-) Jugend und Facebook & Co. (PDF)

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