Liebe Leserinnen und Leser, wer hat bei 30 Grad schon Lust auf stickige Büros oder überhitzte Homeoffice-Zimmer? Eben. Der Sommer schreit geradezu nach Freiheit, Frischluft und Sonnenstrahlen – und plötzlich steht da dieser Gedanke im Raum: Warum nicht draussen arbeiten? Die Möglichkeit, dies im Outdoor-Office zu tun, ist in aller Munde. Ob unterm Baum im Park, auf dem Balkon im Garten oder irgendwo am See – die Idee, seine Arbeit ins Freie zu verlagern, klingt verlockend. Frische Luft, Natur um sich herum, Laptop auf dem Schoss und los geht’s. Doch als Unternehmergeist denke ich: Klingt gut, aber funktioniert das auch wirklich – und vor allem: nachhaltig?
Von der Idee zur Vision
Eines ist klar: Die Arbeitswelt hat sich verändert. Homeoffice, Remote Work, digitale Tools – all das hat uns flexibler gemacht. Das Outdoor-Office ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Es entspricht dem Wunsch vieler Menschen, freier zu arbeiten, individueller, und dabei die Natur nicht nur am Wochenende zu erleben.
Das Konzept trifft also einen Nerv. Es geht um mehr als nur einen flexiblen Arbeitsort – es geht um Lebensqualität. Um das Gefühl, nicht ständig zwischen Arbeit und Freizeit trennen zu müssen. Um das, was wir oft als «Work-Life-Balance» anstreben, aber selten wirklich erreichen. Und ja: Als Unternehmergeist sehe ich hier nicht nur einen Trend, sondern auch eine Chance. Für neue Produkte, neue Zielgruppen, neue Denkweisen.
Zwischen Traum und Technik
So charmant die Idee klingt, so viele praktische Fragen tauchen schnell auf:
Wie wetterfest ist so ein Arbeitsplatz im Grünen? Was ist mit Strom, Internetzugang, Bildschirmblendung? Ein Outdoor-Office braucht mehr als nur einen Klapptisch und eine Powerbank. Es braucht durchdachte Lösungen, die auf Dauer funktionieren – bei Sonne, Wind und auch mal bei Nieselregen. Und dann wäre da noch die Technik. Wer unterwegs arbeitet, braucht ein zuverlässiges Internet, eine gute Akkuleistung und eventuell sogar mobile Stromversorgung. All das ist machbar – aber eben nicht ganz so simpel, wie viele denken.
Oft übersehen: die Nähe zu Menschen
Was beim Outdoor-Office gern romantisch idealisiert wird, ist die soziale Komponente. Denn so frei das Arbeiten im Grünen auch wirken mag – so schnell kann es auch einsam werden. Der tägliche reale Austausch mit Kolleginnen und Kollegen fehlt. Kurze Gespräche an der Kaffeemaschine, der Smalltalk im Korridor, spontane Meetings, gemeinsames Lachen – all das passiert draussen nicht so einfach. Auch der Kontakt zur Kundschaft wird schwieriger, wenn man gerade im Stadtpark sitzt oder an einem belebten Ort arbeitet. Gespräche über sensible Themen? Nicht ideal mit Passanten im Hintergrund. Vertraulichkeit und Konzentration brauchen manchmal eben doch vier Wände.
Das Outdoor-Office ist also kein Ersatz, sondern eher eine Ergänzung. Es soll nicht zur Dauerlösung werden, die uns vom echten Miteinander abkapselt.
Für wen ist das Outdoor-Office gedacht?
Nicht jeder braucht oder will ein solches Setting. Die meisten Mitarbeitenden bevorzugen wahrscheinlich nach wie vor klassische Büros oder das Homeoffice – einfach darum, weil es bequemer und planbarer ist. Aber es gibt eine wachsende Zielgruppe, für die Flexibilität und Individualität eine grosse Rolle spielt:
– Freelancer und Kreative
– Digitale Nomadinnen
– Selbstständige, die viel unterwegs sind
– Die Generationen Y und Z, die mit Remote Work aufgewachsen sind
Diese Menschen suchen nach Möglichkeiten, Arbeit und Leben zu verbinden, und Natur mit Produktivität. Wenn das Outdoor-Office ihren Alltag bereichert, Komfort bietet und technisch gut funktioniert, könnte es ein echtes Arbeits-Plus sein.
Achtung, Nachhaltigkeitsfalle!
Jetzt kommt ein Punkt, der mir besonders wichtig ist: Nachhaltigkeit. Denn das Outdoor-Office wird gern mit Freiheit und Naturbewusstsein in Verbindung gebracht. Aber: Arbeitsplatz-Freiheit kann schnell zur CO2-Falle werden. Eigentlich wäre es genial: Weniger pendeln, weniger reisen, mehr arbeiten vor Ort. Das könnte unseren ökologischen Fussabdruck wirklich verkleinern. Doch was passiert stattdessen? Viele, die im Outdoor-Office arbeiten könnten, nutzen die Gelegenheit dazu, um die Welt zu jetten – heute Lissabon, morgen Bali, übermorgen Kapstadt. Hauptsache WLAN.
Das ist der Haken: Outdoor-Office wird zum Vorwand für ständiges Reisen, statt zu einem Weg, bewusst, lokal und nachhaltig zu arbeiten. Dabei wäre dies genau die grosse Chance: mobil zu sein, ohne ständig mobil zu sein. Ortsunabhängig, ja – aber nicht weltenbummelnd auf Kosten des Klimas. Wir müssen diese Freiheit mit Verantwortung kombinieren. Nur dann ergibt das Outdoor-Office ökologisch wirklich Sinn.
Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung
Natürlich beginnt Nachhaltigkeit nicht erst beim CO2-Fussabdruck. Auch das Produkt selbst muss nachhaltig gedacht sein:
– langlebige, recycelbare Materialien
– faire Produktionsbedingungen
– energiesparende Technik
– Modularität statt Wegwerfdesign
Wer hier konsequent ist, zeigt nicht nur Haltung, sondern trifft auch den Nerv der Zeit. Denn unsere Kunden achten zunehmend auf Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung.
Fazit: Zwischen Leichtigkeit und Verantwortung
Das Outdoor-Office ist eine spannende Idee. Es bringt frischen Wind in unsere Arbeitswelt und kann helfen, Arbeit und Freizeitleben neu zu denken. Aber es ist kein Allheilmittel. Es braucht gute Technik, klare Regeln, und – ganz wichtig – ein Bewusstsein dafür, wann es sinnvoll ist und wann nicht. Es darf kein Vorwand für ständiges Reisen und digitale Vereinsamung werden. Die wahre Stärke liegt in der Verbindung aus Flexibilität, Nachhaltigkeit und sozialem Miteinander.
Wenn wir das schaffen – dann ist das Outdoor-Office nicht nur eine nette Sommeridee, sondern ein echtes Zukunftsmodell. Und dann gehört der Sommer vielleicht wirklich nicht nur dem Urlaub – sondern auch der Arbeit im Freien. Nur eben: mit Herz, Verstand und einer klaren Haltung.
Bis bald und einen schönen Sommer, dein Unternehmergeist
Der Unternehmergeist und das Outdoor-Office
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