Überall qualmt und brutzelt es, was das Zeug hält. Menschen sitzen an allen möglichen und unmöglichen Orten auf Decken oder Plastikstühlen; vor sich aufgebaut ein Grill, auf dem Würstchen, Koteletts und Maiskolben braten. Keine Freizeitbeschäftigung erfährt im Schweizer Sommer einen breiteren Konsens als das Grillieren. Alle haben Spass daran und können etwas zur gemeinsamen Unternehmung beisteuern. Glut, ein Rost und ein Stück Fleisch oder Gemüse genügen, um Menschen glücklich zu machen.

Liebe Leserin, lieber Leser
Auch ich liebe das Grillieren (oder benutzen Sie das deutsche Wort Grillen?), stehe seit Ostern fast jedes Wochenende am Grill und freue mich auf das Lob der Gäste für meine Kochkünste und das wunderbare Essen.

Gross soll er sein

Grillieren ist ein stabiler Wachstumsmarkt. Europaweit werden jährlich für Hunderte Millionen Euro Grills verkauft, und meistens werden sie von Männern benutzt. Wir Männer können dafür Tausende ausgeben und sind fähig, mit unserem angehäuften Grillwissen die ganze Umwelt zu sedieren.
Männer haben am liebsten einen Grill, der möglichst gross ist und über viele Klappen, Hauben und Regler verfügt. Es wird ja alles immer kleiner und mobiler – nur der Grill, der soll mächtig wie eine Dampflokomotive sein. Neulich las ich einen Artikel über die Männlichkeit des Grillierens. Interessanterweise finden demnach die meisten Männer das Grillieren männlich.

Das männliche Wesen

Im Netz ist zu lesen, dass der Grillkult eine zentrale Aussage habe: Fleisch und alles, was damit verbunden ist – das Schlachten, das Stückeln, das Grillieren – sei Sache der Männer. Ergo ist der sommerliche Grillwahnsinn eines der letzten Überbleibsel des Männlichkeitsgehabes in unserer Gesellschaft.
Dabei leben wir nicht mehr in der Steinzeit. Wir müssen unser Essen nicht mehr zwingend über das offene Feuer hängen, um es zuzubereiten. Unsere Küchen sind voll mit Mikrowellen, Dampfkoch- und
Niedergargeräten, Induktionsherden mit elektromagnetischem Glaskochfeld und anderen hochtechnologischen Geräten. Warum entscheiden wir uns also nach wie vor dafür, all das links liegen zu lassen und unser Essen auf dem offenen Feuer zuzubereiten? Warum setzen wir uns nicht wie bei jeder anderen normalen Mahlzeit an den Esstisch, sondern strapazieren unter freiem Himmel unseren Rücken, kauern freiwillig auf dem Boden oder balancieren in klapprigen Campingstühlen?

Glücksgefühle

Die Begeisterung für das Grillieren gründet meiner Meinung nach auf den grundlegenden positiven Erfahrungen. Was mir bei der Betrachtung einer Grillparty heute auffällt: Einerseits haben Männer und Frauen gleichermassen Spass an dem Event, alle kommen gerne zusammen, um einen Sommerabend mit Grillieren im Garten zu verbringen. Andererseits sind es tatsächlich fast immer die Männer, die am Rost stehen und mit Feuer und Fleisch hantieren. Wiederholt sich hier das Geschlechter-Muster? Verfallen  emanzipierte, moderne Frauen einfach wieder in die Rolle der Steinzeitfrau und Männer in die des kraftstrotzenden Anführers?

Die letzte Bastion

80 Prozent der Männer in der Schweiz lassen sich die Grillzange nur ungern aus der Hand nehmen, dies ergaben verschiedene Umfragen, und das ist auch meine Wahrnehmung. Zwei Drittel der befragten Frauen sagten sogar, dass sie überhaupt kein Interesse an dem Job des Grillmeisters hätten und sich lieber um die Zubereitung der Beilagen kümmern würden. Was ist schuld an dieser eingefahrenen Rollenverteilung? Vielleicht klammern wir Männer uns an unsere Grillzange, weil Frauen in so vielen anderen Lebensbereichen bereits das Zepter an sich gerissen haben. Der Grill also als letzte Bastion der Männlichkeit: Der Ort, wo noch ich das Zepter schwinge und mein Schwert ziehe, um die Sippe zu verteidigen. Am Grill kann ich Feuerwehrmann, Ernährer und Entertainer in einem sein.

Wenn ich also am Rost stehe und den Rauchschwaden hinterherblicke, dann kann es schon mal passieren, dass meine Urinstinkte geweckt werden und ich in einen Tagtraum vom Jäger und Beschützer verfalle. Doch bevor die Koteletts verbrennen, ruft mich mein moderner Timer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Dort können aber schon meine Frau und unsere Gäste mich dann bitte schön ausgiebig loben.

Mit den besten Wünschen für einen schönen Sommer

Der Unternehmergeist und das Schwert (PDF)

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