Liebe Leserinnen, lieber Leser

Unauffällig, lautlos, elegant: Ohne Vorurteile betrachtet, ist eine Schlange harmlos. Doch wir Menschen empfinden sie meist als hinterhältig und gefährlich. Ihr werden viele Symbole zugeschrieben, auch der Ausdruck «Du falsche Schlange».
Man traut der Schlange nicht. Sie ist uns fremd, wirkt glitschig, nicht fassbar. Sie hat keine Mimik, keine Ohren als Stimmungsbarometer, und sie blinzelt nicht. Eigenschaften also, die von uns als negativ bewertet werden. Wie die gespaltene Zunge, die wir sprichwörtlich mit der Lüge und Falschheit gleichsetzen. Dabei erfassen Schlangen mit der Zunge per Geruch ihren Lebensraum: Sie «schnüffeln» Informationen aus der Luft; die beiden Spitzen ermöglichen ihnen, links und rechts zu unterscheiden – und damit die Richtung, aus der Gerüche kommen.

Doch was nützen Fakten gegen ein Klischee, das Tausende Jahre alt ist? Bereits im alten China wurden Schlangen mit Drachen gleichgesetzt – sie waren gefährlich. Ihr Gift hat im Altertum weltweit zu Mythen und Kulten geführt. Und auch eine der bekanntesten Geschichten verteufelt sie: der alttestamentarische Sündenfall. Im Paradies verführt die Schlange Adam und Eva, vom Baum der Erkenntnis zu essen – sie müssen darauf den Garten Eden verlassen, um fortan ein mühseliges Dasein zu fristen. Und somit wir alle.
So haben Schlangen das  ungerechtfertigte Attribut, «falsch» zu sein, auch wenn es biologisch betrachtet kaum einen guten Grund dafür gibt. Zwar pirschen sie sich schlau und leise an ihre Beute heran, doch der Mensch geht bekanntlich mit viel perfideren Tricks auf die Jagd – mit Fallen, Netzen oder Schiesswerkzeug.

Warteschlangen

Stellt euch vor, ihr steht im Supermarkt vor der Kasse in der Reihe, die sich vor euch wie eine hungrige Schlange windet. Ihr fühlt euch wie ein kleines Kaninchen, das gebannt auf die Schlange starrt, und denkt, ihr seid schlau, weil ihr euch für die vermeintlich schnellste Schlange entschieden habt. Doch dann kommt, was ihr alle kennt: Die Schlange neben euch bewegt sich schneller die eure!
Ihr hüpft nervös von einem Fuss auf den anderen und fragt euch: «Habe ich etwas falsch gemacht? Sollte ich wechseln und die andere Schlange nehmen?» Denn es scheint, als hätte diese Schlange Superkräfte, um sich schneller vorwärts zu bewegen und euch zu hypnotisieren.
Aber hey, nicht nervös werden! Denn hinter diesem kuriosen Phänomen steckt ein ökonomischer Witz, der uns zum Schmunzeln bringt. Die Länge der Schlange hat nämlich wenig mit der Schnelligkeit zu tun. Es ist viel mehr ein komplizierter Tanz zwischen den Scannern, Bezahlvorgängen und den umständlichsten Geldzählern, welche die Menschheit je gesehen hat.
Und wisst ihr, was das Lustige daran ist? Diejenigen mit den vollen Einkaufswagen sind oft die heimlichen Helden der Schnelligkeit! Während wir wie verängstigte Kaninchen in der Schlange stehen und uns den Kopf zerbrechen, ob wir die richtige Entscheidung getroffen haben, hoppeln sie geschickt an uns vorbei und sind längst mit ihrem Warenberg fertig.

Die Psychologie der Warteschlange

Wartezeiten werden oft überschätzt – meist um etwa die Hälfte. Vor allem dann, wenn es keine Ablenkung gibt. Daher setzen Ämter, Banken & Co. nicht selten auf Unterhaltung via Bildschirm.
Wer mit einer Schlange rechnet, ist geduldiger als jemand, der von ihr überrascht wird. In den Tagen vor Weihnachten nimmt man Wartezeiten im Postamt beispielsweise eher hin als ausserhalb der Hochsaison. Den grössten Ärger verursachen Vordrängler. So beschweren sich oft jene Personen, vor deren Nase sich das «Reinschmuggeln» abspielte – obwohl alle Nachfolgenden gleichermassen betroffen sind.
Soll ich nun meine Warteschlange besser verlassen? Die Neigung ist allgemein umso geringer, je grösser der Rückstau ist. Das Gefühl, dass andere noch länger anstehen müssen, weckt offenbar Schadenfreude.

Wertvolle Zeit

Nun, in der Welt der Warteschlangen gibt es immer etwas zu beobachten. Nehmt euch die Zeit, um den Moment zu geniessen und vielleicht sogar ein mentales Nickerchen in der Warteschlange zu machen, wie ein entspanntes Kaninchen. Oder checkt eure To-do-Liste: Was muss als Nächstes erledigt werden? Was kann warten? Was ist weggefallen? Was kommt hinzu? Oder: Wer eine neue Sprache erlernen möchte, kann mit kleinen Lern-Einheiten («Microlearning») grosse Fortschritte machen. Oder: Menschen in der Schlange beobachten ist so sehr unterhaltsam!
Denn am Ende des Tages ist es nicht die Länge der Schlange, die zählt, sondern das Lächeln auf euren Lippen und die Vorfreude auf das, was euch anschliessend erwartet – mit oder ohne den schnellsten Weg zur Kasse!

Der Unternehmergeist und die lange, falsche Schlange (PDF)

Zum gesamten Kundenmagazin WIR-Info 09/2023 geht es hier

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