Agil zu sein ist gerade hip und chic im Management. Alt, verstaubt und träge ist nicht sehr attraktiv. Selbst Staatsbetriebe und Verwaltungen beschäftigen sich intensiv mit agiler Führung. Fragen wir doch den Unternehmergeist, was seine Meinung dazu ist.

Lieber Leser, liebe Leserin

Wir leben in einer dynamischen Welt mit grosser Vernetzung und Unsicherheit. Es bleibt in vielen Branchen (vor allem in den KMU) keine Zeit mehr, in endlosen Planungsrunden einen 5-Jahresplan zu entwickeln. Oft ist schon der Plan für das kommende Jahr mit so vielen Unwägbarkeiten belegt, dass er nach 3 Monaten veraltet ist. Hier ist Agilität gefragt: Die Fähigkeit, rasch auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren und sich entsprechend anzupassen. Auch in manchen Projekten kann man heute nicht mehr sagen, wie das Endprodukt in 15 Monaten genau aussehen und was es exakt kosten wird. Selbst bei bester Planung gibt es so viele externe Einflussfaktoren, dass solche Vorhersagen unmöglich sind.

Bedeutung von agiler Führung

Das Schlagwort dazu heisst «agile Führung»: Unternehmen mit flacher Hierarchie und flexiblen Teams, die sich selbst organisieren und selbst entscheiden, wer mitmachen darf und wer ihr Team leitet. Ich stelle mir die Frage, ob diese neue Managementphilosophie, welche die traditionellen, hierarchischen Führungsstrukturen durch flexible, anpassungsfähige und teamorientierte Arbeitsweisen ersetzt, nichts anderes ist als alter Wein in neuen Schläuchen?
Wenn ich eine Internetsuche starte und den Begriff «agile Führung» eingebe, erhalte ich viele Antworten. Einig sind sich die Autoren allerdings nicht, und eine Definition ist schwer zu finden. Zusammenfassend würde ich die verschiedenen Ansätze wie folgt wiedergeben: «Agile Führung basiert auf der Annahme, dass Probleme besser gelöst werden können, wenn Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen, ohne Hierarchiestufen und selbst organisiert gemeinsam Fragestellungen entwickeln, um dann die Konzepte zu erstellen, die den Bedürfnissen aller Anspruchsgruppen wie Kunden, Lieferanten usw. gerecht werden.»

Neu oder als neu verkauft

«Agile Führung» ist nichts anders als das gute alte Projektmanagement, kombiniert mit Elementen des Organisationmanagements. Also nicht wirklich etwas Neues, wie die heute als neue und revolutionäre Grundsätze des agilen Managements gefeiert werden; sie wurden bisher in ähnlicher Form praktiziert, nur nicht so interessant benannt und publik gemacht. Selbst steuernde Teams gibt es in jedem KMU. Wird ein Team mit der Entwicklung eines neuen Produktes beauftragt, lassen sich auch nicht sämtliche Schritte im Voraus genauestens planen, und selbstverständlich ist die Geschäftsleitung nicht überall eingebunden. Die Mitarbeitenden erstellen die Produkte oder Projekte seit jeher ohne Hierarchiestufen oft innovativ und effizient, auch wenn sie die Voraussetzungen laufend anpassen müssen.

Agil versus Führung

Selbstorganisation braucht allerdings auch Führung. Die ist vielleicht um einiges anders als bisher, aber ohne Leitung geht es auch hier nicht. Der von Mitarbeitenden oft angepriesene Gedanke, es gehe völlig ohne Chefs und Führungskräfte, ist ein Irrtum. Jemand muss den Rahmen stecken und die Resultate überprüfen, die Anpassungen wieder in Auftrag geben. In vielen Staatsbetrieben und Verwaltungen gibt es komplexe Entscheidungsprozesse und viele Regelungen, die ein agiles Arbeiten erschweren können. Oftmals werden Entscheidungen von politischen Instanzen getroffen, die nicht unbedingt auf den Bedarf des Marktes oder der Kunden ausgerichtet sind. Dies kann die Reaktionsfähigkeit und Flexibilität in der Umsetzung beeinträchtigen, was wiederum der agilen Arbeitsweise entgegensteht.

Die Cuveé

Selbst steuernde, interdisziplinäre Teams sind nicht neu, sondern wurden und werden mal mehr, mal weniger intensiv bereits seit Jahren eingesetzt. Alles in allem sind die «modernen Managementmethoden» also eine Mischung aus altem und neuem Wein in neuen, intensiv als «digital» angepriesenen Schläuchen – also eine, wenn man so will, Cuvée. Diese Cuvée lässt sich auch noch in anderen Unternehmensbereichen finden. Agile Teams mit einem gewissen Mass an Selbstorganisation sind fast immer ein Teil eines Unternehmens – man denke an die Handwerker, die in ein Bauprojekt eingebunden sind, an Administrationsmitarbeitende, die Sitzungen vorbereiten, an Logistiker, welche die aktuellen Lieferengpässe managen, an Transporteure, die sich an die ständig anderen Bedingungen anpassen, an Betriebe, die von den Umweltbedingungen abhängig sind, an….dich, vielleicht?
KMU an sich sind und müssen flexibel sein, ansonsten gibt es keinen Erfolg. Es kann durchaus Projekte geben, die eine geringere Planungs- und Führungsintensität benötigen, in 90 Prozent der Fälle, behaupte ich, ist aber eine gute Steuerung die halbe Miete.

Der Unternehmergeist und die „Agile Führung“ (PDF)

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